Anpassen, staffeln, indexieren

Die in Kontinentaleuropa üblichen indexgebundenen Mietverträge sind für Vermieter ein attraktives Mittel zur Sicherung der Erträge. Aber auch andere Varianten zur Vertragsgestaltung können einen Inflationsausgleich sicherstellen. Von Isobel Lee

In Zeiten einer weltweit um sich greifenden Inflation kommt es mehr denn je auf die richtigen Vermietungskonditionen an. Mit einem indexgebundenen Mietvertrag, der den Mietpreis an einen Verbraucherpreisindex koppelt, kann der Vermieter den Kaufkrafterhalt seiner Mieteinnahmen nachhaltig sicherstellen. Für den Mieter wird damit die Mietpreis­anpassung berechenbar. Obwohl eine solche Vereinbarung in vielen Gewerbe- und Wohnmietverträgen grundsätzlich möglich wäre, gibt es von Land zu Land erhebliche Unterschiede, was die Anwendung betrifft. Investoren müssen also die Möglichkeiten im Einzelfall prüfen. 


In Europa ist die Rechtslage landesspezifisch unterschiedlich. Wir beobachten jedoch eine allmähliche Angleichung der Vertragsbedingungen.
Joaquim Pereira Mendes Chief Legal, Tax and Compliance Officer bei Sonae Sierra

Unterschiedliche Absicherung der Mieterträge gegen die Risiken der Inflation

„In Europa ist die Rechtslage landesspezifisch unterschiedlich“, erklärt Joaquim Pereira Mendes, Chief Legal, Tax and Compliance Officer bei Sonae Sierra. „Wir beobachten jedoch eine allmähliche Angleichung der Vertragsbedingungen. Es findet also offenbar ein Austausch über Best Practices und Lösungen für gängige Probleme statt.“ 


Als Vorsitzender der juristischen Arbeitsgruppe des europäischen Branchenverbands European Council of Shopping Places beaufsichtigte Mendes kürzlich die Durchführung einer Studie zu Shoppingcenter-Mietverträgen in 36 europäischen Ländern. „Die Untersuchung hat gezeigt, dass die meisten Vermieter dank robust gestalteter Mietverträge gegen die Inflation abgesichert sind“, so Mendes.


Das Einkaufs- und Freizeitzentrum Park Lake in Bukarest zeichnet sich durch einen exklusiven und vielfältigen Mietermix aus. Es war im Jahr 2016 die erste Centerentwicklung von Sonae Sierra in Rumänien.
Sonae Sierra

Volker Noack, der als Geschäftsführer bei der Union Investment Real Estate GmbH den Bereich Asset Management verantwortet, erklärt dazu: „Grundsätzlich sind auch bei uns die ­meisten Mietverträge in Europa inflationsgesichert, entweder durch eine Preisgleitklausel das heißt Indexierung oder durch Mietstaffeln.“ 


Es gebe aber wichtige nationale Unterschiede, so Noack weiter. Während in Deutschland überwiegend der Verbraucherpreisindex zur Anwendung kommt, dominiert in Frankreich der Baukosten­index. „Die Anwendung und Durchführung derartiger Klauseln erfolgt dort wie in Deutschland durch die Property-Manager. In den Ländern, in ­denen es keinen entsprechenden Index gibt, arbeiten wir mit Mietstaffeln oder den gesetzlichen Anpassungsmöglich­keiten“, erklärt er.


Teilweise heißt es, dass weltweite Invest­mentfonds Kontinentaleuropa deshalb bevorzugen, weil in dieser Region indexierte Mietverträge verbreitet sind. Rory Buck, Head of Acquisitions Europe bei Clarion Gramercy, dazu: „Wir haben überwiegend Immobilien mit indexierten Mietverträgen im Portfolio und profitieren zum Beispiel in den Niederlanden aktuell von zweistelligen Mietsteigerungsraten.“ 


In Asien-Pazifik, den USA und auch im Vereinigten Königreich stellt sich die Situation jedoch ganz anders dar. So kommen in Asien indexgebundene Mietverträge selten vor. Stattdessen wird der Wert­erhalt der Mieteinnahmen durch kürzere Laufzeiten und häufigere Mietpreisanpassungen sichergestellt. Im UK sind an den Verbraucherpreisindex gekoppelte Mietverträge ebenfalls unüblich. Auch hier konnten die Vermieter bislang kurze Vertragslaufzeiten für Mietpreisanhebungen nutzen. 


Mietpreiswachstum hängt von der Durchsetzbarkeit höherer Mieten ab

Doch angesichts der derzeitigen Konjunkturlage ist ein Inflationsausgleich auf diesem Wege nur bedingt möglich, wie eine aktuelle Studie von Fitch Ratings verdeutlicht. Die Ratingagentur rechnet im UK nur mit einem mäßigen Mietpreiswachstum und weist darauf hin, dass deutliche Steigerungen 2023 kaum durchsetzbar sein dürften. Für neu geschlossene Mietverträge sagt Fitch Zuwächse im unteren einstelligen Bereich voraus.


Dazu sagt Matthew Scholl, Leiter Investment Management Americas bei Union ­Invest­ment: „In den USA gehören indexierte Mietverträge nicht zum Standard. Hierzulande findet man überwiegend gestaffelte Mietverträge. Die Mieterhöhungen werden bei Vertragsschluss vereinbart und als Festbeträge eingeplant.“ 


Mieter und Vermieter hätten so eine stabile Kalkulationsgrundlage. Und langfristig könne man damit ebenfalls mindestens einen Inflationsausgleich erzielen, betont er. Daher sei es in der jetzigen Situation nicht möglich, höhere Erträge als Reaktion auf den gestiegenen Verbraucherpreisindex zu erzielen. Stattdessen könne man aber auch im Falle einer Deflation mit steigenden Mieten rechnen.


„Bei Wohnmietverträgen mit einer durchschnittlichen Laufzeit von zwölf Monaten werden die Mietpreise praktisch jährlich an die Marktbedingungen angepasst. Bislang wurden sie immer nach oben korrigiert. Bei unseren Wohnimmobilien in Florida liegt der Nettomietertrag aktuell sogar etwa 15 Prozent über den Erwartungen“, so Scholl.


Von Isobel Lee


Titelbild: Sonae Sierra

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